Vor genau 140 Jahren gelangte eine Oper zur Uraufführung, die heute zu den beliebtesten und meistgespielten Opern weltweit zählt, Georges Bizets Hauptwerk Carmen. Das Werk wird seit 1948 in dem von dem britischen Musikwissenschaftler Winton Dean (1916–2013) erstellten systematischen Werkverzeichnis unter WD 31 verzeichnet. Als die auf der gleichnamigen Novelle von Prosper Mérimée (1803–1870) basierende Carmen – die Librettisten waren Henri Meilhac (1831–1897) und Ludovic Halévy (1834–1908) – am 3. März 1875 in der Pariser Opéra-Comique aus der Taufe gehoben wurde, war der fulminante Erfolg, den das Werk später erleben sollte, nicht absehbar: aufgrund der, so auf der Opernbühne noch nicht dagewesenen, realistischen und als anstößig empfundenen Handlung stand das Publikum dieser Opernneuschöpfung eher ablehnend gegenüber.
Dies freilich konnte nicht verhindern, daß Carmen als Vorläufer des sogenannten ›Verismo‹, einer sich anbahnenden neuen Stilrichtung in der italienischen Oper, den Weg bereitete. In diesem Sinne mag wohl auch der Ausspruch seines älteren Zeitgenossen Victor Hugo (1802–1885) gelten, daß »nichts […] eine Idee aufhalten« kann, »deren Zeit gekommen ist.« Das kann man auch gern auf die im 19. Jahrhundert sehr beliebte Mode beziehen, bekannte Werke für eine kammermusikalische Besetzung zu arrangieren, bzw. oft auch zu paraphrasieren. Die hier erklingenden Melodien aus Carmen des 1868 in Rotterdam geborenen und 1937 in München verstorbenen Pianisten, Pädagogen und Komponisten Louis Victor Saar, welcher unter anderem bei Rheinberger und Brahms studierte, reihen sich in die Vielzahl von Bearbeitungen dieser berühmten Oper ein und erschienen 1898 im 1861 gegründeten Verlag G. Schirmer in New York. Dem späteren Welterfolg von Carmen und der Beliebtheit so vieler Bearbeitungen des Werkes mag anfangs sicher auch die lobende Einschätzung vieler bedeutender Zeitgenossen wie Tschaikowski, Debussy, Nietzsche oder Brahms, aber eben nicht zuletzt Bizets großartige Musik zugute gekommen sein.
(2015)