Mendelssohn Bartholdy, Felix (1809–1847)

Konzertstück Nr. 2 in d-moll op. 114 (1833)

für Klarinette, Bassetthorn und Klavier

1. Presto

2. Andante

3. Allegro grazioso

Der berühmte Erste Klarinettist der Münchner Hofkapelle Heinrich Joseph Baermann (1784–1847) befand sich gemeinsam mit seinem Sohn Carl Ludwig Wilhelm Baermann (1811–1885), welcher wie sein Vater Klarinettist, aber darüber hinaus auch Bassetthornvirtuose war, auf einer zwei Jahre währenden Konzertreise auf dem Weg nach Sankt Petersburg, als es am 30. Dezember 1832 zu jener denkwürdigen Begebenheit während eines mehrtägigen Besuches der beiden bei Felix Mendelssohn Bartholdy (1809–1847) in Berlin kam, auf welche die Entstehung zweier Konzertstücke für Klarinette, Bassetthorn und Klavier zurückgeht.

 

Davon berichtet folgende Anekdote: Bei einem Besuch im Hause Baermann in München hatte Mendelssohn die dort zubereiteten Dampfnudeln mit Rahmstrudel schätzen und lieben gelernt, so daß er sich die Zubereitung eben dieser Gerichte, welche man in Berlin nur schwer bekommen konnte, von seinen Gästen wünschte. Während Carl nun in der herrschaftlichen Küche diesen Gaumenschmaus zubereitete, entstand in der selben Zeit, quasi als Gegenleistung und Einlösung eines seitens Mendelssohns schon länger zurückliegenden Versprechens einer Komposition für Heinrich Baermann, das Konzertstück Nr. 1 in f-moll op. 113 mit dem humorvollen Titel Die Schlacht bei Prag! Ein großes Duett für Dampfnudel und Rahmstrudel, Klarinette und Bassetthorn, komponiert und demütig dediziert An Bärmann sen., und Bärmann jun., von Ihrem ganz ergebenen Felix Mendelssohn-Bartholdy.

 

Das Werk wurde noch am Abend geprobt und, so Carl, »wurde gleich eine Wiederholung der ganzen heutigen Szene verabredet, welche auch einige Tage später mit gleichem Erfolg stattfand.« So entstand das Konzertstück für Clarinette und Bassethorn mit Begleitung des Pianoforte Nr. 2, d-Moll, op. 114, dessen Komposition Mendelssohn am 19. Januar 1833 fertigstellte und Heinrich Baermann mit den Zeilen zusandte:

»Hier schicke ich Dir das befohlne Duett. Ein Schelm giebt es besser, als ers hat. Der Titel ist: Grand Duo | commandé par Mr. Bärmann | composé sur un thême [sic] favori de Mr. Bärmann | pour Mrs. Bärmann | par | F. Mendelssohn Bartholdy entre autres. […] Meine Intentionen sind folgende: Beim ersten Stück, dem Dein Thema zu Grunde liegt, dachte ich mir in meiner Phantasie Hrn. Stern, wenn Ihr ihm Alles Geld im Whist abgenommen hattet und er nun in Wuth gerieth […]. Beim Adagio [recte: Andante] wollte ich Dir eine Erinnerung an das letzte diner bei Heinrich Beer mitgeben, wo ich es componiren mußte, die Clarinett malt meine Sehnsuchtsgefühle, während die Bewegung des Bassetthornes mein Bauchknurren dabei vorstellt. Das letzte Stück ist kalt gehalten, weil ihr nach Rußland reis’t, wo die Temperatur ebenso sein soll«. (Sämtliche Briefe, Bd. 3, Kassel: Bärenreiter 2010, S. 107).

 

Beide Werke, welche jeweils dreiteilig angelegt sind und erst 1869 bei Johann André in Offenbach veröffentlicht wurden, sind später auch orchestriert worden, wobei Mendelssohn am 6. Januar 1833, fünf Tage nach der ersten Aufführung, die Orchesterfassung für das erste und – vermutlich – Heinrich Baermanns Bruder, welcher auch Carl hieß, die für das zweite Konzertstück anfertigte.

(2016)